oder: Warum man sich ausführlich über einen Wanderweg informieren sollte bevor man blind drauf losgeht…
Auf der Suche nach Wanderwegen für unseren Roadtrip mit Betty durch Europa sind wir im Netz auf einen sehr interessanten Artikel gestossen.
Im Elsass, in der Nähe von Gerardmer, soll es einen der gefährlichsten Wanderwege der Vogesen geben, den „Sentier des Roches“ (übersetzt: der Felspfad). Für uns als Abenteurer und leidenschaftliche Wanderer lies dieser Fund natürlich unseren Puls steigen…da müssen wir hin!
Somit war unser erster Halt fest eingeplant und es ging in Richtung Vogesen.
Ausgangspunkt
In Xonrupt-Longemer, einem kleinen verschlafenen Ort grenzend an das touristische Gerardmer, fanden wir einen gemütlichen Campingplatz für 7,35 Euro die Nacht (Wifi und Duschen inklusive). Wir beschlossen mit Betty zu bleiben.
Am nächsten Morgen machten wir uns auf den Weg zum „Col de la Schlucht“, wo der Wanderweg „Sentier des Roches“ startet. Laut Internet sollten wir den Markierungen mit den blauen Rechtecken folgen, was wir auch taten. Warum dies teilweise ein Fehler war, erklären wir später.
Schon der Beginn des Wanderweges war vielversprechend. Es ging einen Anstieg aus Felsbrocken den Wald hinauf wo wir auf eine Kreuzung mit mehreren Wanderwegen trafen. Wir folgten dem blauen Rechteck. Nach einigen Metern erwartete uns ein wunderschöner Waldpfad. Uns trennte nur eine alte Steinmauer vom Abgrund. Hier muss früher wohl der alte Handelsweg nach Muenster verlaufen sein…
Zwischen den Waldabschnitten offenbarten sich steile Hänge mit gewaltigen Felsbrocken.
Beeindruckend!
So langsam wurde uns klar, warum man diesen Weg nicht bei Nässe und keinesfalls im Winter gehen sollte. Es war so schon schwierig genug festen Fuss zu behalten! Geschickt balancierten wir den Weg entlang bis es uns wieder in den Wald hinein führte, immer dem blauen Rechteck nach.
Verschnaufpause am Aussichtspunkt Hirschsteine
Nach einer Weile kamen wir zu einem Schild mit der Markierung „Hirschsteine Belvedère/Escalier“. Klingt nach einem Aussichtspunkt, also nichts wie hin!
Wir verliessen den Wanderpfad und folgten dem Schild. Der kleine Umweg wurde mit einer sensationell geilen Aussicht belohnt, inklusive Picknick-Platz zum Verweilen. Nach einer kleinen Rast gingen wir zurück zur Abzweigung und folgten wiederum dem blau markierten Pfad.
Nun ging es einen kleinen Waldweg entlang, vorbei an saftig grünen Almwiesen und erfrischenden Bergbächen… Aber irgendwie war die Felslandschaft verschwunden. Sollte dies nicht der Pfad der Felsen, einer der gefährlichsten Wanderwege der Vogesen sein?
Hier schien absolut nichts mehr gefährlich…
Sind wir hier noch richtig?
Eine weitere Stunde ohne Felsen verstrich, bis wir an eine Kreuzung gelangten. Hier kamen mehrere Wege zusammen und führten in verschiedene Richtungen. Wir suchten nach der blauen Markierung und hatten schon länger einige Zweifel, ob dies wirklich der richtige Weg sein sollte.
Das Universum war gnädig und erlöste uns an diesem Punkt (obwohl wir es in diesem Moment noch nicht ganz verstanden): der Pfad mit dem blauen Rechteck war wegen Forstarbeiten gesperrt und es galt absolutes Fussgängerverbot!
Was?!
Sollen wir jetzt etwa den ganzen Weg, sprich zweieinhalb Stunden zurücklaufen? Wir waren total frustriert und hatten keine Ahnung, dass dies das Beste war, was uns an diesem Tag passieren konnte. Also Rückzug!
Die Enttäuschung hatte sich nach einer Weile gelegt und wir genossen beim Rückweg erneut die schöne Natur um uns herum. Unterwegs versuchten wir herauszufinden, ob wir nicht doch auf einen anderen Wanderpfad wechseln könnten um zum Col de la Schlucht zurück zu gelangen. Dann könnten wir wenigstens einen anderen Rückweg laufen und vielleicht noch etwas Neues entdecken.
Die Erkenntnis
Nach fast zwei Stunden Rückmarsch trafen wir erneut auf die spektakulären Felswände und siehe da…hier gab’s noch einen Wanderpfad, der uns anfangs entgangen war.
Wir waren wohl zu sehr auf die blauen Rechtecke fixiert.
Dieser Weg war mit einem gelben Dreieck markiert und hatte ein Warnhinweis, dass nur erfahrene Wanderer ihn betreten sollen!
An solchen Schildern kommen wir nur schwer vorbei und die Füsse kribbelten schon vor Freude. Vielleicht könnte dies die Fortsetzung des „Sentier des Roches“ sein? Wir betraten den Weg und folgten nun den gelben Dreiecken.
Wir kamen wiederum am Aussichtspunkt „Hirschsteine Belvedère/Escalier“ vorbei und folgten dem Weg in eine andere Richtung als zu Beginn des Tages bis wir an ein Metallgeländer gelangten. Erneut wurden wir durch ein Schild gewarnt, dass nur Erfahrene diesen Weg betreten sollen.
Nichts für Angsthasen
Als wir um die Ecke blickten, verstanden wir warum: eine gewaltige Felsschlucht!
Eine Metalltreppe führte einen Teil der Schlucht hinunter. Danach folgten enge Felspassagen mit Metallgeländern an der einen Seite und der steil hinabfallenden Schlucht auf der anderen Seite…keine weitere Sicherung…hier ist man ganz alleine auf sich gestellt und darf keine Höhenangst haben!
Dies war genau unser Ding und der Adrenalin stieg bei jedem Schritt.
Irgendwann kamen wir wieder zu unserem ursprünglichen Wanderpfad (dem blauen Rechteck), der uns den Weg zum Col de la Schlucht zurück zeigte.
Alles oder nichts!
Es gab aber noch einen weiteren Weg, mit einer rot-weissen Markierung, der auch dorthin zurück führte. Jetzt wollten wir alles oder nichts und folgten diesem Pfad. Mittlerweile waren wir schon um die fünf Stunden unterwegs und es begann zu regnen.
Schlussendlich wurden wir noch einmal mit einem grandiosen Aussichtspunkt belohnt, bevor es den glitschigen, felsigen Waldweg wieder zurück zu unserer Betty ging.
Was haben wir daraus gelernt?
Informiere dich immer gründlich über einen Wanderweg, vor allem, wenn es ein so anspruchsvoller Weg wie der „Sentier des Roches“ ist! Hätten wir gewusst, dass wir in der Mitte des Wanderpfades auf die gelben Dreiecke umschwenken müssten, hätten wir uns viel Zeit und Frust erspart.
Der Sentier des Roches ist auf jeden Fall eine Wanderung wert.
Aber Vorsicht!
Betrete diesen Weg nicht mit Höhenangst und keinesfalls bei Nässe oder Schnee…es ist wirklich gefährlich. Bedenklich ist der Weg ebenfalls mit kleinen Kindern und Hunden.
Um einen besseren Eindruck zu erhalten, von was wir da genau reden, kannst du dir unsere Wanderung hier in bewegten Bildern anschauen:
Merke dir: zuerst dem blauen Rechteck am Col de la Schlucht folgen, dann dem gelben Dreieck, wenn du Schilder mit der Bezeichnung „Hirschsteine“ findest. Dann solltest du auf dem richtigen Weg sein.
Für den Rückweg gibt es mehrere Optionen.
Entweder folgst du dem blauen Rechteck oder den rot-weissen Markierungen.