Als wir über den Landweg von Griechenland nach Albanien eingereist sind, fielen sie uns gleich auf… Kleine Betonkuppeln, die wie Pilze überall in der Landschaft herumstehen.
Bunker?
Sie stehen zum Teil in den Vorgärten der Häuser, wurden zu Ställen zweckentfremdet oder als Lagerraum genutzt. Einige vegetieren einfach vor sich hin oder dienen als wilde Mülltonnen. Manchmal findet man sie verstärkt an einem Ort. Andere stehen ganz alleine in der Gegend rum…
Doch was genau hat es mit diesen Bunkern auf sich? Wir sind neugierig und wollen mehr erfahren!
Enver Hoxha
Es war der ehemalige Diktator (1944-1985) der Sozialistischen Volksrepublik Albanien, der den Auftrag zum Errichten der Bunker erteilte.
Unter seiner Herrschaft isolierte sich Albanien immer mehr von der Aussenwelt. Aus Angst vor einem feindlichen Angriff lies Enver Hoxha die sogenannten Pillbox-Bunker anfertigen. Die Paranoia war so gross, dass es ursprünglich 750.000 Bunker werden sollten!
Wie viele Bunker tatsächlich errichtet wurden ist bis heute unklar. Schätzungen zufolge sollen es um die 200.000 sein. Ein Bunker sollte für je vier Albaner zur Verfügung stehen. Denn JEDER war unter dem kommunistischem Regime von Hoxha verpflichtet sein Land zu verteidigen! Das hatte oberste Priorität.
Die kleinen Betonpilze wurden in strategisch günstigen Lagen errichtet. Zum Beispiel an Grenzen, Pässen, Brücken und rund um Städte. Andere wurden in Berg- oder Küstenregionen positioniert. Die Bunker waren einfach überall.
Meist wurden drei kleine Pillbox-Bunker nebeneinander errichtet. Sie standen in Sichtnähe zu einem grösseren Bunker. Von dort aus sollten die Befehle erteilt werden. Findet man also kleine Bunker, so müsste in direkter Umgebung auch ein Grösserer stehen.
Härtetest an einer lebenden Person: Wahrheit oder Schaudermärchen?
1968 war der erste Prototyp des Bunkers fertiggestellt. Enver Hoxha wollte absolut sicher gehen und fragte seinen Chefingenieur, ob der Bunker einem Panzerangriff standhalten könne. Der Chefingenieur versicherte dass er das tut. Daraufhin musste der Chefingenieur sich im Bunker verschanzen, während dieser von einem Panzer unter Beschuss stand.
Der Test verlief erfolgreich und die Bunker gingen in Massenproduktion.
Diese Geschichte wird gerne erzählt. Ob sie ganz der Wahrheit entspricht, wollte keiner der damals anwesenden Leute bestätigen. Hmmm…warum wohl?
Heute werden die Bunker nicht mehr militärisch genutzt. Es kümmert sich aber auch niemand um die Entsorgung, weil schlicht und einfach das Geld dazu fehlt. Stehen die Betonpilze auf Privatgelände, so ist alleine der Grundstücksbesitzer für das Ableben oder das Erhalten des Bunkers verantwortlich. Obwohl die Bunker eigentlich Staatseigentum sind.
Wir haben viele Variationen während unseres Albanien Aufenthaltes gesehen:
- kunstvoll bemalte Bunker,
- mit Blumen geschmückt,
- zerfallene Ruinen,
- mutwillig zerstörte Betonpilze,
- mit Müll vollgestopft oder
- als Rückzugsort für kleine und grosse Geschäfte…
es war ein bisschen von allem dabei.
Die Bauten werden zum Teil sogar illegal gesprengt um an den Stahl heranzukommen. Denn Albanien ist ein armes Land und der Stahl bringt Geld. Immerhin stecken, je nach Grösse, bis zu zwei Tonnen Stahl in so einem Bunker!
In Durrës soll ein grösserer Bunker als Restaurant dienen. Leider haben wir diesen nicht gefunden.
In der Hauptstadt Tirana kann man zwei gut erhaltene Bunkeranlagen besichtigen. Sie wurden unter dem Namen Bunk’Art 1 & 2 zu einer Art Museum umfunktioniert. Wir haben das Bunk’Art 2 besucht, da es sich mitten im Stadtzentrum befindet. Beim Bunk’Art 1 handelt es sich um Enver Hoxha’s Atom-Bunker. Er soll grösser sein, liegt aber etwas ausserhalb des Zentrums.
Im Inneren des Bunkers findet man viele Relikte aus alten Zeiten, sowie Infotafeln auf Englisch zur Geschichte Albaniens. Wir fanden es höchst informativ, ja sogar emotional, und können einen Besuch absolut empfehlen!
In Gjirokastër haben wir kleine Mini-Bunker als Souvenir auf dem alten Bazar entdeckt. Scheinbar finden die Touristen das toll… Aber gut, die Bunker gehören nunmal zur Geschichte Albaniens und erwecken Neugierde bei den Touris, wie auch bei uns!
Für die Albaner gehören sie aber längst schon zum Alltag dazu.
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